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Wenn der Balkon zur Arche wird: Zaunkönig, Wildbiene und Co. finden eine Heimat

Balkone für ein besseres Stadtklima und mehr Artenvielfalt sowohl in der Stadt als auch in kleineren Ortschaften zu nutzen ist das Ziel der NABU Aktion in Niedersachsen. Mit Nisthilfen, Wassertränken und einer passenden Auswahl an Pflanzen lassen sich oft auch kleine Balkone als wahre Stadt-Biotope nutzen. Und dem Bewohner machen die dankbaren Gäste zumeist auch viel Freude.

Der Balkon als Arche für Bienen, Schmetterlinge & Co.  Foto NABU © Eric Neuling

NIEDERSACHSEN | Dienstag, 01. Juni 2021

 

NABU-Serie ‚Moin Natur' für praktischen Naturschutz zuhause


„Eine der am meisten unterschätzten Möglichkeiten, Klein-Lebensräume zu schaffen und herrliche Erholungsbereiche für sich selbst einzurichten, sind all die Balkone in unseren Städten. Deren naturnahe Umgestaltung muss stärker in den Fokus rücken – für Stadtklima, eigene Gesundheit und viele Tier- und Pflanzenarten!". Mit dieser Aussage, zugleich Appell und Einladung, aktiv zu werden, nimmt der NABU Niedersachsen auch eine „rasante Entwicklung seit Beginn der Corona-Krise" auf, wie Rüdiger Wohlers, NABU-Experte und Naturgartenpraktiker, betont: „Wir wissen aus unzähligen Anfragen und Rückmeldungen, dass die Menschen ihre Balkone sozusagen ‚wiederentdecken' und Lust haben, sie zu kleinen Archen zu entwickeln – das ist gut so, und wir sind davon überzeugt, dass dieses Bedürfnis noch mehr an Fahrt aufnehmen wird", freut sich der Naturschützer.

Balkone für ein besseres Stadtklima

Balkone finden sich auch in Niedersachsen zu Hunderttausenden. Ihre Größe, ihre Ausstattung und ihre Lage sind völlig unterschiedlich. Sie reichen vom Kleinstbalkon von zwei Quadratmetern bis zu umlaufenden Großbalkonen oder sogar Dachterrassen, die Wohnungsgröße erreichen können. „Und doch kann jeder Quadratzentimeter genutzt werden, um buchstäblich und ganz praktisch Natur einzuladen", sagt Wohlers. „Zusammengenommen macht die Grundfläche aller Balkone ein riesiges Potential vieler Quadratkilometer aus. Dieses gilt es zu nutzen. Jeder begrünte Balkon trägt zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Die Pflanzen darauf leisten ihren Beitrag zur Sauerstofferzeugung, Luftreinigung und Luftbefeuchtung – in Zeiten des Klimawandels besonders wichtig, da sich unsere Städte immer mehr aufzuheizen drohen, was auch vor der menschlichen Gesundheit nicht Halt macht", unterstreicht der NABU-Aktive, „und auch die seelische Gesundheit erhält durch den Anblick und das Erleben von Pflanzen wichtige Impulse – im Gegensatz zu Beton."

Balkone sind unterschätzte Biotope für Tiere und Pflanzen

Zudem können Balkone auch für Tiere und Pflanzen zu kleinen Lebensräumen entwickelt werden: „Balkone sind Extremstandorte, was das Klima betrifft: Je nach Lage und Ausrichtung sowie Sonnenexposition sind sie für Pflanzen und Tiere wie Hochgebirgsstandorte zu betrachten: Mal der Sonne sehr stark ausgesetzt, mal eisigen Winterwinden, mal schneller Austrocknung oder gar ‚Überflutung' durch Regen, der sich in Gefäßen sammeln kann. Das darf nicht ausgeblendet werden. Deshalb empfiehlt es sich, genau zu überlegen, welche Pflanzen in Gefäßen anzusiedeln sind – und natürlich auch stets die baulichen Anforderungen des Balkons zu beachten." Bereits ein kleiner Balkonkasten mit heimischen, ungefüllten Stauden könne vielen Insekten einen Kleinstlebensraum bieten, berichtet der Naturschützer aus eigener Erfahrung: „Schnell werden sich Wildbiene, Käfer und Co. einstellen – schneller als angenommen. Es lohnt sich, diese Mini-Serengeti aufmerksam zu beobachten und sich daran zu erfreuen, vielleicht auch mit Kindern und Enkelkindern, sodass diese Bezug zur Natur finden und ihre Neugier geweckt ist. Dann wird es spannend sein, zu beobachten, welches bunte Leben sich nach und nach einstellen wird: Und wenn es auch keine Giraffen, sondern Hummeln sind, keine Löwen, sondern Marienkäfer, und keine Wasserbüffel, sondern Libellen – die Faszination wird sich einstellen! Ebenso können Zwergsträucher und Bäume in Kübel und Kästen gesetzt werden, die durch ihre Blüten, später auch durch ihre Früchte, für viele Tiere von Bedeutung sind", weckt Wohlers Neugier, aktiv zu werden.

Nisthilfen, Wassertränken und Teiche auf Balkonen einrichten

„Sogar kleine Teiche sind auf dem Balkon denkbar", sagt der NABU-Mitarbeiter, „etwa in frostbeständigen Maurereimern lassen sich Wasser- und Uferpflanzen wie Fieberklee, Froschlöffel und Rohrkolben ansiedeln, und alsbald werden sich grazile Libellen einstellen, deren Paarungsrad daran beobachtet werden kann." Auch Insektennisthilfen könnten auf Balkonen einen guten Platz finden. „Balkone sind dafür sogar besonders gut geeignet, weil sie zumeist sehr sonnenausgesetzt sind – und genau das brauchen die Wildbienen!" Und: Auf so manchem Balkon finden Vögel eine Brutmöglichkeit: „Es ist nicht selten, dass der NABU angerufen wird, weil gerade bei größeren Balkonen in einer ruhigeren Ecke in einem Zwergstrauch oder einem Blumenkasten eine Amsel erfolgreich brütet und an anderer Stelle Rotkehlchen oder Zaunkönig, vor allem dort, wo sich Nischen und dichtere Vegetation befinden", blättert der Naturschützer Seiten aus mehr als 40 Jahren telefonischer Beratung auf. „Es können auch auf Balkonen Nistkästen angebracht werden, wenn es die Umstände zulassen und erlauben, dass etwas zum Beispiel an Wänden befestigt werden darf. Es haben sich auf Balkonen sowohl herkömmliche Nistkästen wie Meisenkästen als auch Nischenbrüterkästen für Grauschnäpper, Rotschwanz, Bachstelze und Co. gut bewährt; wenn sie sehr geschützt angebracht werden, kann sogar das Rotkehlchen, Vogel des Jahres 2021, seinen Weg dorthin finden! Und für Zaunkönige hat sich die so genannte ‚Zaunkönigkugel' gut bewährt, die ebenfalls geschützt aufgehängt werden sollte", zählt Wohlers auf. Und: Gerade auf Balkonen sollten flache Vogeltränken, bei denen selbstverständlich sorgsam auf chemiefreie Hygiene geachtet werden sollte, angeboten werden – durch kleine, aus dem Wasser ragende Steine auch für Insekten zugänglich gemacht. „Es gibt so unendlich viel zu entdecken, so unendlich viel auf Balkonen auszuprobieren, um sie zu Hunderttausenden kleinen Archen auch in Niedersachsen werden zu lassen und dabei unendlich Inspiration und Freude zu tanken, rund ums Jahr. Denn auch im Winter kann dort einiges getan werden, um Natur einzuladen – durch artgerechte Vogelfütterung", möchte Rüdiger Wohlers Tatendrang und Vorfreude wecken.


Der NABU Niedersachsen hält für alle, die nun Hand anlegen wollen, um ihren Balkon oder ihre Dachterrasse zur Arche werden zu lassen, ein besonders umfangreiches Info-Paket mit vielen Tipps, Hintergründen, Lesenswertem und Bau- und Pflanzplänen bereit – das auch insgesamt für alle naturnahen Gärten von Belang ist: Es setzt sich zusammen aus dem Farbbroschüren „Gartenlust", „Bienen, Wespen, Hornissen", „Naturerlebnis Vogelfütterung", der ausführlichen Bauplansammlung für Insekten-Nisthilfen und einem Faltblatt des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern (LBV) zu Vogeltränken. Das Info-Paket kann angefordert werden gegen Einsendung eines 10-Euro-Scheins beim NABU Niedersachsen, Stichwort ‚Balkon als Arche', Alleestr. 36, 30167 Hannover.

 

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