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Angepackt: NABU-Tipps zur Artenvielfalt zuhause - Folge 4

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Oldenburg | CS Redakion

Wohl kaum ein anderes Wildtier genießt eine so große Beliebtheit bei den Menschen in Europa wie der Igel. In Märchen wird ihm die Rolle des Schlauen, der letzten Endes den Hochmütigen besiegt, gegeben. In netten Geschichten und Comics ist er der Humorvolle und Weise. Und viele lieben ihn heiß und innig, sind entsetzt, ihn als Straßenopfer zu finden – aber manche lieben ihn sogar „zu sehr", sodass mitunter übertriebene Tierliebe in Vermenschlichung umschlägt und den Tieren schadet.

Was brauchen Igel wirklich. Der NABU klärt auf. .  Foto: NABU/Andreas-Bobanac

Der Igel: beliebt und missverstanden – Zeit, dies zu ändern!

Dass Igelschutz am besten durch Lebensraumschutz bewirkt werden kann, zeigt der NABU Niedersachsen auf, und appelliert an Gartenbesitzer, „die Weichen zu stellen, damit dem Igel nachhaltig und mit Sachverstand geholfen werden kann".

 

„Igel sind Wildtiere, das darf nie vergessen werden. Und sie stehen unter gesetzlichem Schutz", sagt Rüdiger Wohlers vom NABU. Er hat in mehr als einem Vierteljahrhundert erlebt, dass der die Menschen anrührende Igel oft völlig missverstanden und sogar zum „Haustier" erklärt wird – oftmals das Todesurteil für das Tier.

 

„Es gibt leider immer noch eine gewisse Einsammelmentalität, gerade im Herbst", berichtet Wohlers. Doch der reinen „Einsammelei" muss Einhalt geboten werden – übrigens auch, weil sie gegen Naturschutzrecht verstößt und in Tierquälerei übergehen kann. „Immer wieder erhielten wir Anrufe von gut meinenden Tierfreunden, die vermeintlich hilfsbedürftige Igel allerorten einsammelten oder dieses wollten – was wir zu verhindern wussten –, weil sie Angst hatten, die Tiere könnten den Winter nicht überstehen. Dies ist aber nur bei stark geschwächten oder stark untergewichtigen Tieren der Fall. Auf jeden Fall sollte dann immer ein Tierarzt das letzte Wort haben. Und es sollte eine anerkannte Igelstation einbezogen werden", mahnt Rüdiger Wohlers. „Zahlreiche Beispiele aus der Praxis zeugen oft von Unverständnis oder sogar von Aggressivität, wenn die Tiere zu Unrecht aufgelesen worden sind und wir als NABU auf das Fehlverhalten hinweisen", zeigt sich Wohlers bekümmert.

 

„Also: Igel sind Wildtiere!", unterstreicht der NABU-Aktive. „Igel haben ein Nahrungsspektrum, das sich so gut wie ausschließlich aus tierischem Eiweiß erschließt: Auf ihrem Speiseplan stehen Schnecken in großer Zahl, Regenwürmer, Käfer, Raupen, Ameisen, anderes Kleingetier, aber auch schon mal ein Ei einer bodenbrütenden Vogelart oder Aas, da sind sie nicht wählerisch. Das bedeutet auch, dass nur ein naturnaher Garten ein echter ‚Igelgarten' sein kann", sagt Wohlers: „Wer einen bürstenkurzen Rasen, viele versiegelte Flächen und immergrüne Exoten ohne ökologischen Wert als Hauptbestandteile seines Gartens hat, muss sich nicht wundern, wenn der Igel einen großen Bogen um ihn macht!"

 

Im Garten sollte Vielfalt angesagt sein: Dazu gehören heimische Sträucher, deren Laub auch im Herbst und Winter liegen bleiben darf, sodass sich darunter Insekten und andere Lebewesen aufhalten können, und das der Igel im Winter für sein Schlafnest nutzen kann. Auch Stauden, vielleicht eine „wilde Ecke" aus Holz, Ästen und Laub, eine kleine Wasserstelle und auch eine Blühwiese sind nützlich – Hauptsache, es werden heimische Pflanzen eingebracht und auch die Nahrungstiere des Igels finden einen Lebensraum, der dann automatisch auch vielen anderen Tieren eine kleine „Arche Noah" bietet, also beispielsweise Vögeln, Insekten und weiteren Kleinsäugern.

 

Um dem Igel über den Winter zu helfen – der Igel ist ein Säugetier, das in Winterschlaf verfällt, und zwar meist bis in den März oder April, in sehr kalten Frühjahren auch mitunter bis in den Mai hinein –, kann ihm leicht geholfen werden: Sehr gut bewährt hat sich der Bau einer so genannten „Igelburg", die mit etwas Geschick aus Holz gebaut werden kann und dann mit Geäst und Laub überdeckt wird. Darin kann das Igelweibchen Im Sommer auch ihre Jungtiere zur Welt bringen. „Wichtig ist es, dafür einen trockenen Standort im Garten zu wählen, möglichst unter Sträuchern, nie ganz frei, und niemals in einer Senke, in der sich Regenwasser sammeln kann", erklärt Rüdiger Wohlers. Gut geeignete Igelburgen gibt es für alle, die diese nicht selbst basteln wollen, auch im Fachhandel; besonders gut geeignet und lange haltbar sind jene aus witterungsbeständigem Holzbeton. Die Igel tragen als Material gern selbst trockene Gräser ein.

 

„In den letzten Jahren werden immer später Jungigelwürfe festgestellt, oft bis in den Frühherbst hinein", berichtet Wohlers, „sodass diese auch wesentlich länger zu sehen sind, oft bis in den November, und sich dann noch Fettreserven für den Winter anfressen müssen. Diesen Tieren kann durch artgerechte Zufütterung geholfen werden – aber es darf niemals Milch gereicht werden, da diese aufgrund der Laktoseunverträglichkeit für den Igel tödlich wirken kann!"

 

Igel haben sich immer mehr in den Siedlungsraum des Menschen, in Dörfer und Städte aufgemacht. „Eine Folge der großenteils katastrophalen Ausräumung unserer Agrarlandschaft", sagt Rüdiger Wohlers, „in der Feldgehölze, Brachen und artenreiche Wegränder fehlen, der Acker bis zum letzten Zentimeter ausgenutzt wird und es weder Nahrung noch Unterschlupf für Tiere gibt", erläutert der Naturschützer. Deshalb komme gerade den Ortsrändern und dem großen Potential der Gärten eine wachsende Rolle zu, was den Schutz des Igels betrifft, denn in weiten Teilen Europas gehen seine Bestände seit Jahren drastisch zurück: „Aus dem Allerweltstier wird eine Seltenheit!", mahnt Wohlers, „in einigen Bundesländern hat er es bereits in die Vorwarnliste der gefährdeten Arten geschafft – ein traurige Entwicklung, die wir durch unseren Einsatz für Igel im naturnahen Garten zwar nicht beenden, aber zumindest ein Stück weit abfedern können!"

 

Der NABU-Aktive macht zudem auf weitere Gefahren für den Igel aufmerksam: „Neben dem Straßenverkehr, in dem viele tausend Igel ihr Leben lassen, können es auch Gefahrenquellen am Haus und im Garten sein. Dazu zählen etwa der steilkantige Teich, aus dem es keinen Ausstieg gibt und in dem der Igel, aber auch andere Tiere wie Spitzmäuse ertrinken können, der offene Lüftungs- oder Kellerschacht, die offene Baugrube oder der Gullyschacht. Hier sollte Abhilfe geschaffen und mit Sorgfalt gearbeitet werden." Auch zu engmaschige Zäune können ihm zum Verhängnis werden, da sie Igel, wenn sie bis in den Boden abgesenkt sind, den Zugang zu Gärten versperren – verschenktes Potential eines kleinen „Igelparadieses"!

 

Der NABU hofft, dass der Liebe zum Igel möglichst viele Taten folgen. „Wir können im Garten und Kleingarten einiges in die Hand nehmen!", sagt Rüdiger Wohlers, „aber auch in Schulgärten, Grünanlagen und Gewerbeflächen – wir müssen es nur wollen! Auch dort lässt sich Artenvielfalt einladen, für Igel und Co.!"

 

Für alle, die sich für den Igel einsetzen und mehr über seine spannende Lebensweise erfahren wollen, hat der NABU ein kleines Infopaket zusammengestellt, in dem auch Baupläne für eine „Igelburg" und Pflanztipps für den naturnahen Garten enthalten sind. Es kann angefordert werden gegen Einsendung von 5 Euro beim NABU Niedersachsen, Stichwort „Igel", Alleestr. 36, 30167 Hannover.

 

Kontakt:

Naturschutzbund Deutschland, Bezirksgruppe Oldenburger Land e.V.

Schloßwall 15

26122 Oldenburg
Telefon: (0441) 25600

www.nabu-oldenburg.org

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