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NABU-Landesvorsitzender: Die Corona-Krise – Teil der globalen Umweltkrise

Klimaschutz in der Globalisierung Foto: Pixabay

Oldenburg

„Die Corona-Krise, die die Welt in Atem hält und bereits so viele zu beklagende Menschenleben gekostet hat, ist Teil der globalen Umweltkrise, und wir alle müssen die Gesamtzusammenhänge sehen sowie den ganz konkreten Handlungsbedarf ableiten, für uns alle, auch hier in Niedersachsen." Mit diesen Worten appelliert Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, mit mehr als 110.000 Mitgliedern größter Naturschutzverband im Bundesland, Konsequenzen zu ziehen – im Alltagsleben wie in der Politik.

Dr. Holger Buschmann wählt deutliche Worte in seinem Statement zur aktuellen Lage. Foto: NABU Oldenburg 

Dr. Holger Buschmann mahnt: Handeln ist auch in Niedersachsen angesagt – Zusammenhänge dürfen nicht ignoriert werden!

„Wir dürfen nicht länger ignorieren, dass unsere Turbo-Globalisierung auch stets Folgen für das Leben und Überleben hat – des ganzen Planeten wie für jedes einzelne Wesen, Mensch, Tier, Pflanze und ihre Lebensräume. Was vermutlich auf einem so genannten ‚wet market', einem Wildtiermarkt mit toten und lebendigen Wildtieren in erbarmenswürdigem Zustand, im Süden Chinas seinen Anfang nahm, wie die meisten Wissenschaftler vermuten – ähnlich wie vor Jahren bei der Ebola-Seuche, die vermutlich in Afrika durch den Verzehr von Affen ausging –, offenbart, dass wir Menschen mit den Lebewesen nach wie vor rücksichtslos umgehen", mahnt der NABU-Landesvorsitzende, warnt jedoch zugleich davor, den anklagenden Zeigefinger auf die Menschen in China zu richten: „Dass sich das Virus jedoch so rasant weltweit ausbreiten konnte, ist auch der von uns allen befeuerten Turbo-Globalisierung zu verdanken: Immer mehr, immer längere, oft absurd billige Transporte von Gütern rund um den Globus und der damit verbundene, anschwellende Reiseverkehr fachen eine solche Ausbreitung immer stärker an, bis sie kaum mehr in den Griff zu bekommen ist. Solange wir es für normal halten, Güter auf der anderen Seite der Welt zu produzieren – unter dort bekanntermaßen oft inhumanen und nicht einmal ansatzweise vertretbaren Umweltstandards entsprechenden Produktionsbedingungen –, um bei Massenprodukten die Kosten um den letzten Zehntelcent zu drücken, nur, weil es den Profit erhöht, so lange solch ein Irrsinn wie die Hemdenbestellung, die direkt aus China nach Deutschland läuft, scheinbar normal ist, ein Irrsinn wie der Export von Schweineohren und -schwänzen nach Ostasien oder von Hühnerfleisch nach Afrika, das dort einheimische Agrarmärkte beschädigt, weiter gehen, haben viele noch gar nichts verstanden, weder von Ethik noch von ökologisch angemessenem Leben!" bringt es Dr. Buschmann auf den Punkt.

 

„Und dabei dürfen wir in dieser einen Welt, in der wir alle leben, nicht übersehen, dass wir gemeinsam am Ast sägen, auf dem die Menschheit sitzt, die erdgeschichtlich gesehen bislang nur einen Wimpernschlag im Gesamt-Erdalter ausmacht. Alles hängt miteinander zusammen: Der Wahnsinn der entfesselten, unsinnigen Transporte mit der Umweltzerstörung in den Produktionsländern ebenso wie unsere Massentierhaltung, die darauf gründet, die Natur auszubeuten. Wer Tiere in solch großer, unvertretbarer Dichte hält und dafür Unmengen von Soja und Maniok mit damit verbundenem Regenwaldschwund importiert, dabei große Mengen Methan freisetzt und riesige CO2-Mengen auch bei den Transporten, zugleich Dreck aus Schiffsdiesel, schädigt das Weltklima – in dem dann Mega-Katastrophen wie die Buschbrände in Australien mit zahlreichen Toten, die Amazonasbrände und der Temperaturanstieg in den Ozeanen mit dem großflächigen Absterben der Korallen ein leichtes Spiel haben. Und trägt zugleich zur Lebensraumzerstörung bei uns vor der Haustür bei, indem zusätzlich Maiswüsten angelegt werden, wo einst Grünland war, durch dessen Umbruch weiteres Kohlendioxid als Klimagift freigesetzt wird. So verschwinden Kiebitz, Feldlerche und Co. im Heimatmuseum. Und dann gehen viele der tierischen Produkte in den weltweiten Export – mit dem gleichen Transportwahnsinn...", fasst der NABU-Landesvorsitzende zusammen.

 

„Wir können und dürfen uns nichts vormachen, nicht in die Tasche lügen: Diese Zusammenhänge existieren, sie können nicht weggeredet und nicht geschönt werden. Die heutige Turbo-Globalisierung wird die Erde zerstören. Sie ist vehement dabei, wie wir am dramatischen Rückgang der Artenvielfalt sehen – auch und gerade in Niedersachsen: Auch zwischen Borkum und dem Eichsfeld werden die Roten Listen, die Sterbelisten all der Mitgeschöpfe, auf deren Überleben wir in einigermaßen intakten Ökosystemen angewiesen sind, wenn wir selbst überleben wollen – und die ein unwiederbringliches genetisches Potential darstellen –, lang und immer länger. Deshalb ist es Zeit zum Umsteuern, insbesondere im Agrarbereich. Hier darf es kein ‚Weiter so' geben, hier darf es nicht weiter nur um Menge gehen, auch und gerade, um kleine und mittlere bäuerliche Betriebe zu erhalten, die eben nicht für Ostasien und Westafrika produzieren, sondern für uns. Auch in der Corona-Krise darf es keine falsche Beweihräucherung der heutigen Agrarindustrie geben, die die Gunst der Stunde nutzen möchte, sich als Retter darzustellen, um von den durch sie verursachten Umwelt- und Tierschutzproblemen abzulenken!

 

Wir brauchen eine konsequente Förderung des biologischen Landbaus und den Wiederaufbau regionaler, auch kleinteiligerer, nachhaltiger Produktionskreisläufe, sowohl bei landwirtschaftlichen Produkten – es ist kein Ruhmesblatt, im Januar Heidelbeeren aus Chile einzufliegen oder Spargel aus Peru, das ist völlige Klimaschutz-Ignoranz – als auch darüber hinaus. Produktionsstätten müssen wieder verstärkt in der Nähe liegen, ohne Transport-Wahnsinn auszulösen, nicht nur für Medikamente. Produkte müssen reparierbar sein und nicht auf schnellen Verbrauch ausgelegt."

 

Diese Zusammenhänge dürften nicht ignoriert werden, mahnt der NABU-Landesvorsitzende, und warnt davor, „nach Corona" einfach zur Tagesordnung überzugehen. „Auch Deutschland und Niedersachsen und wir alle, auch als Verbraucherinnen und Verbraucher, müssen handeln. Jetzt. Sonst bleiben wir Trittbretthalter für weitere Pandemien, die unausweichlich kommen werden!"

 

Kontakt:

Naturschutzbund Deutschland, Bezirksgruppe Oldenburger Land e.V.

Schloßwall 15

26122 Oldenburg
Telefon: (0441) 25600

www.nabu-oldenburg.org

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